Ein Besuch dieser 1875 konzipierten und nur Gänze erhaltenen Wohnung im Theresianischen Viertel ist wie eine Zeitreise in die längst vergangene Welt des jüdischen Triestiner Großbürgertums.
Ein Besuch der „Casa Morpurgo“, wie die Triestiner dieses Museum nennen, ist zur Zeit wegen der eingeschränkten Öffnungszeiten nicht ganz einfach – doch er lohnt sich. Wobei „Casa“ im Italienischen nicht für ein Haus steht, sondern für eine Wohnung. Und diese ist eine wirklich herrschaftliche in einem an sich völlig unauffälligen dreistöckigen Gründerzeit-Haus, das 1875 im Auftrag der Brüder Carlo Marco und Giacomo Morpurgo als Palais erbaut wurde. Vielleicht waren die vielen ähnlichen Familien-Domizile in den bürgerlichen Wiener Ringstraßen-Palais ein Vorbild – wer weiß.
Die Brüder waren Nachfahren des Generali-Versicherungs-Gründers Joseph Lazarus Morpurgo und kamen mit der Gründung von Banken zwischen Triest und Alexandria (Ägypten) selbst zu immensem Reichtum. Den sie eben – aber nur für Außenstehende – mit einem gewissen Understatement zelebrierten.
Die besagten herrschaftlichen Räume, die sich über den gesamten zweiten Stock erstrecken, wurden ab 1878 von Giacomo Morpurgo und seiner Frau Fanny bewohnt. Zwar stehen keine livrierten Diener mehr vor dem Eingang, doch was auf den 600m² erhalten blieb, ist nicht etwa restauriert, sondern vollkommen authentisch. Und wurde im Gegensatz zu den Räumen von Schloss Miramare auch ständig bewohnt.
Zu seiner großen Zeit war der Eingang des Hauses an der Via Matteo Renato Imbriani abends von Fackeln beleuchtet. Kutschen fuhren vor, Damen in eleganten Roben entstiegen mit ihren befrackten Begleitern und begaben sich nach oben: In den Repräsentationsräumen des jüdischen Bankiers-Ehepaars fanden über 100 illustre Gäste ihren Sitzplatz. Oft im Musiksalon, dem größten und beeindruckendsten Raum.
Dieser ist ganz im Stile Ludwigs des XV. eingerichtet, fast alles ist mit Seidentapeten in herrschaftlichem Rot und Gold gehalten. Nur der Bösendorfer-Flügel ist aus dunklem Holz. Auf der großen Tafel im Speisesalon nebenan ist wertvolles Porzellan aufgedeckt. Nach dem Essen zogen sich die Herren zu Zigarren und Konversation ins Fumoir zurück, die Damen in ein Zimmer mit winzigen Möbeln.
Um der Enteignung durch die Faschisten zu entgehen, brachte Morpurgos kinderlos gebliebener Sohn den Besitz in eine Stiftung ein und bestimmte die Stadt Triest als Erbin. Seit seinem Tod 1943 kommt diese der Aufgabe, die Casa Morpurgo vollkommen unverändert für die Öffentlichkeit zugänglich zu halten, nach. Wenn nicht gerade ein historischer Film gedreht wird und gerade geöffnet ist, kann man in Ruhe die komplette Originaleinrichtung und auch die vielen wertvollen Gemälde besichtigen. Ein kleiner Raum ist wechselnden Ausstellungen vorbehalten. Zur Zeit sind dort künstlerisch gestaltete und bemalte Nachttöpfe aus mehreren Jahrhunderten zu sehen.
Civico Museo Morpurgo, Via Matteo Renato Imbriani 5, I-34122, Triest
zur Zeit nur Di, 9.00 bis 13.00 Uhr
Tel. +39 040 675 4039
www.museomorpurgo.it