Prosecco: Ein Schaumwein, der in ganz Europa getrunken wird und dessen Herkunft man mit dem Gebiet um Conegliano, Valdobbiadene in der Provinz Treviso in Venetien verbindet. Was das mit Triest zu tun hat? Sehr viel!
Es gibt da nämlich eine Ortschaft im Karst oberhalb von Triest, gar nicht weit von der Hafenstadt entfernt. Ihr Name: Prosecco. Genau wie der Name der Rebsorte, die aus der Provinz Treviso aus ihren Siegeszug um die Welt antrat. Ein Zufall? Nein. Griebens Reiseführer aus dem Jahr 1912 sagt nicht viel über das Karst-Dorf aus – außer dass es hier „hervorragende Naturschaumweine“ gibt. 1912 wohlgemerkt.
Auch rund um Treviso machte man damals bereits Schaumwein. Aus der Rebsorte Glera, die man viel später „Prosecco“ nannte und die seit 2009 wieder höchst offiziell Glera heißt. Glera-Rebstöcke waren schon 1830 aus dem Raum Triest nach Valdobbiadene verkauft worden, sie fielen allerdings in den 1870er-Jahren der damals grassierenden Reblausplage zum Opfer. Man brauchte man deshalb neue Weinstöcke. Doch woher nehmen? Als bekannt wurde, dass in Prosecco bei Triest alle Glera-Stöcke überlebt hatten, entsann man sich der alten Verbindungen und wurde rasch handelseins. Die weitere Geschichte und der Aufstieg zum Kult-Getränk sind bekannt. „Glera“ – dieser Name geriet rasch in Vergessenheit, zumal der Weinbau im Karst nach zwei Weltkriegen einen Niedergang erlebte und die Rebe aus dem Raum Triest verschwunden war.
Aber nicht ganz, denn an ein paar alten Mauern Stellen rankten sich noch Glera-Rebstöcke hinauf. Was von ein paar interessierten Önologen – darunter Vitjan Sancin – Ende des 20. Jahrhunderts entdeckt wurde. Diese hatten darauf hin ein Ziel: Glera zu rekultivieren. Es gelang ihnen. Nach langer Pause wurden rund um Triest wieder Glera-Weingärten angelegt, nicht viele, aber immerhin. Und bald gab es wiederum Glera in Flaschen.
Sancins Idee war es, den wieder auferstandenen Prosecco-Grundwein auch wieder schäumen zu lassen und damit zum ersten Mal nach fast 100 Jahren wieder einen Spumante aus der Region zu produzieren. Um ein optimales Ergebnis zu erzielen, erntet er die dafür vorgesehenen Glera-Trauben bereits zwei Wochen früher als üblich. „So vermeide ich, dass mein Spumante zu stark wird“, begründet er das. Sancins perlende Glera (unter „White Brut“ vermarktet) hat deshalb auch nur 12,5 % Alkohol anstatt 14 wie der Wein – und etwas mehr Säure. Bis Ende Jänner bleibt der Grundwein im Tank, dann lässt er ihn in die Prosecco-Hochburg Conegliano bringen, wo sie ihre zweite Fermentation erlebt, versektet und in Sancins eigens designte Flaschen abgefüllt wird. Vitjan Sancins Glera Spumante erregte bereits in seiner Erst-Auflage Aufsehen: Mit einer kräftigen Mousse, die der eines exzellenten Spumante entspricht, mit kleinen, feinen und vor allem unaufdringlichen Perlen, die der längeren Gärzeit zu verdanken sind, und vor allem mit seinem feinen Aroma, das ihn von den vielen Billig-Proseccos aus dem Flachland um Venedig unterscheidet.
Schaumwein aus dem Karst hat übrigens eine sehr, sehr lange Tradition: Prosecco war schon zur Römerzeit bekannt und unter dem Namen „Vinum Pucinum“ hoch geschätzt. „Castellum Pucinum“ nannte man damals das Gebiet nördlich von Tergeste, dem heutigen Triest, und Plinius beschrieb diesen Schaumwein als „nicht weit von der Quelle des Timavo kommend“ – also genau aus dieser Region. Heute gibt es übrigens wieder eine geschützte Herkunftsbezeichnung „D.O.C. Trieste“.
Viel Auswahl an Glera-Schaumweinen aus der Umgebung von Triest gibt es zwar im Moment noch nicht (Sancin am Monte d‘Oro und Bole in Piščanci am Stadtrand), aber der Anfang ist getan.