Veit Heinichen: Beifang

In seinem jüngsten Triest-Krimi sieht sich Commissario Proteo Laurenti kurz vor dem Ruhestand. Richtig anfreunden kann er sich damit nicht. Speziell dann, wenn es noch einen spannenden Fall zu lösen gilt.

Ist „Beifang“ nun der zwölfte oder der 13. Triest-Krimi, den Veit Heinichen seit 2001 veröffentlicht hat? Ganz gleich ob man nun den Thriller „Borderless“, in dem sein Protagonist, der aus dem Süden Italiens stammende Commissario Laurenti nur eine kleine Nebenrolle spielt, mitzählt oder nicht: Auch in Laurentis neuem Fall spielt Spannung wieder die Hauptrolle.

Beifang - der neue Triest-Krimi von Veit Heinichen ©PiperLokale Themen, überlagert vom Weltgeschehen. Heinichen-Stammleser wissen: Seit 25 Jahren geht es in jedem Roman rund um Commissario Laurenti um ein großes Thema, dessen Relevanz weit über Triest hinausgeht. Da ging es bis dato beispielsweise um die ethnischen Konflikte der Region, um Kollaboration im Zweiten Weltkrieg und um die danach verdrängte Vergangenheit, um Betrug mit EU-Förderungen, um die Finanzkrise, um Migration und um Rechtspopulismus. Im neuen Roman ist das ein wenig anders. Da wird tief in die Diskussionen eingetaucht, die Triest zur Zeit bewegen. Etwa in die Debatte rund um den Bau einer Seilbahn, die vom Porto Vecchio, dem alten Hafen, hinauf auf das Karstplateau zur monumentalen Kirche am Monte Grisa. Obwohl dort in der Umgebung der brutalistischen Kirche kaum jemand wohnt. Ganz im Gegensatz zu dem ebenfalls an der Kante des Karsts über Triest liegenden Opicina: Dorthin führte von 1902 an vom Zentrum der Hafenstadt eine einzigartige Tram, die die Steilstrecke hinauf als Standseilbahn absolvierte, um danach wieder als normale Straßenbahn weiterzufahren. Seit nunmehr acht Jahren steht sie nach einem Unfall still, offiziell vorübergehend wegen Instandsetzungsarbeiten. Viele der fast 10.000 Einwohner nutzten sie, um hinunter zur Arbeit zu kommen, Triestiner nutzten sie, um bequem die Buschenschanken zu erreichen. Veit Heinichen siedelte den Showdown am Schluss seines Romans „Totentanz“ auf einer Fahrt hinauf an. Doch ihre Zukunft ist weiter ungewiss. Diese und andere Debatten in Triest werden von einer zweifelhaften Attraktion überlagert, deren Wurzeln im aktuellen Weltgeschehen zu finden sind. Es geht um eine riesige Segelyacht, die aufgrund der Sanktionen gegen Russland beschlagnahmt wurde.

Ein Sprengsatz auf der Mega-Yacht. Gleich zu Beginn des Romans spielt die größte Segelyacht der Welt, die „A“ mit ihren drei jeweils hundert Meter hohen Masten, in einer entscheidenden Szene mit: Unbekannte wollen einen Sprengsatz an ihr anbringen. Das Schiff , das einen Wert von über einer halben Milliarde Euro repräsentiert, gehörte dem Oligarchen Andrey Melnichenko, dem es vor zwei Jahren enteignet wurde. Seither dümpelt es mit 18 Mann Besatzung ständig vor Triest dahin, was dem Steuerzahler enorme Summen kostet. Momentan liegen seine Unterhaltskosten bereits in zweistelliger Millionenhöhe, wie Veit Heinichen im Interview berichtet. Der Umgang mit diesem hochpolitischen heißen Eisen scheint eine Zeit lang Laurentis Ermittlungen zu hemmen, muss er doch auf die Intentionen des Geheimdienstes Rücksicht nehmen.

Laurentis letzter Fall? Dies alles wird wiederum von persönlichen Überlegungen des Ermittlers überlagert: Seine Pensionierung kündigt sich an. Ob er künftig eine andere Rolle spielen wird oder in der Rente vollständig ins Privatleben abtauchen wird? Dazu gibt sich auch der Autor Veit Heinichen im Interview kryptisch.

Das Buch. Veit Heinichen: Beifang, erschienen bei Piper, 304 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, EAN 978-3-492-07063-8, € 22,00 (D), € 22,70 (A).
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Veit Heinichens Homepage
Veit Heinichen im Verlag Piper

 

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